Liebe Leserin, lieber Leser,

Menschen, die mit der Kirche nicht so viel am Hut haben, betonen oft, dass sie das "Soziale" an ihr doch schätzen. Kindergärten, Diakoniestationen, Hospize, Besuchsdienstkreise, Nachbarschaftshilfe und mehr stehen dafür. Schließlich ist die Nächstenliebe ja eine der zentralen Forderungen der Bibel. "Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst", ist nach Jesus eines der wichtigsten Gebote. Zugegeben ist das nicht immer ganz einfach. Oder wie Marie von Ebner-Eschenbach geschrieben hat: "Man will ja gern seinen Nächsten lieben, aber doch nicht den Nächstbesten!" Und dann geht Jesus noch ein Schritt weiter, wenn er sagt, es sei ja nicht schwer, seine Freunde zu lieben - aber Nächstenliebe umfasst auch die Feinde. Spätestens jetzt wird klar, dass es mit dem "Sozialen" allein nicht getan ist. Die Nächstenliebe braucht noch eine andere Begründung als Sympathie, Mitleid oder Zuneigung. Darum ist die Liebe zum Nächsten untrennbar mit der Liebe zu Gott verbunden. "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt", ist für Jesus das höchste und erste Gebot. Daraus ergibt sich dann die Liebe zu den Menschen. Wer weiß, dass sein Leben in Gott gründet, dass wir von ihm geliebt und angenommen sind, der bekommt ein weites Herz. Dennoch ist es eine bleibende Herausforderung mit der Nächstenliebe. Vielleicht weist die Bibel gerade deshalb so oft darauf hin. Wie im Wochenspruch für die kommenden Woche aus 1. Johannes 4: "Dies Gebot haben wir von ihm, dass, wer Gott liebt, dass der auch seinen Bruder liebe." Schwestern eingeschlossen. Und eben nicht nur die. Sondern auch jene, die mit noch fern stehen, aber zu meinen Nächsten gehören.

Herzliche Grüße

Ihr

Jochen Stähle, Pfr.