Liebe Leserin, lieber Leser,
"Wenn man nicht mehr weiter weiß, gründet man einen Arbeitskreis", ist ein geflügeltes Wort. Heute beruft man eher eine Konferenz ein. Da kommen dann Menschen aus allen Ländern zusammen, die zum Thema etwas zu sagen haben, man streitet und diskutiert, einigt sich auf ein Abschlussdokument, das dann meistens dem kleinsten gemeinsamen Nenner entspricht. Von so einem Treffen ist auch in unserem Wochenspruch die Rede. "Es werden kommen von Osten und von Westen, von Norden und von Süden, die zu Tisch sitzen werden im Reich Gottes", heißt es im Lukasevangelium. Doch eingeladen sind nicht Expertinnen und Experten oder ein erlauchter Kreis der Mächtigen. Eingeladen sind alle, die mit Kopf und Hand, mit Herz und Verstand Jesus vertrauen. Die sich auf den Weg gemacht haben, seinem Beispiel zu folgen, den Schwachen beizustehen und die Traurigen zu trösten. Die darauf hören, was er sagt und sich auf ihn verlassen. Verlassen auf sein Versprechen, bei uns zu sein und zu bleiben, ein Leben lang und sogar über den Tod hinaus. Da sitzen dann einfache Menschen am Tisch. Welche, die viel Leid und Not erlebt haben. Andere, die ohne große Worte anderen halfen und für sie beteten. Welche, die nie im Mittelpunkt standen, aber ein großes Herz hatten. Sicher sind wir überrascht, wen wir dort alles treffen - oder wen wir auch nicht antreffen.
Jesus verbindet die Aussicht einmal mit Gott am Tisch zu sitzen, nämlich auch mit einer Mahnung. Tut alles, damit ihr einen Platz ergattert. Bei Gott ist zwar viel Platz, aber irgendwann ist die Tür auch zu. Für mich ist das eine Mahnung, jeden Tag und jeden Augenblick ernst zu nehmen und so zu leben versuchen, dass ich Platz nehmen könnte an Gottes Tisch. Nicht immer gelingt das. Aber ich vertraue darauf, dass ich bei Gott dann auch trotz all meiner Fehler und Versäumnisse willkommen bin.
Ihr
Jochen Stähle, Pfr.