Liebe Leserin, lieber Leser,

Lasst eure Lenden umgürtet sein und eure Lampen brennen. So lautet der Wochenspruch für den letzten Sonntag des Kirchenjahres, den Ewigkeitssonntag. Er ist nicht leicht zu verstehen. Nicht nur weil die Sprache und die beschriebene Handlung uns fremd sind. Damals haben die Menschen verstanden, was gemeint ist. Man trug ein einfaches Gewand, einem Kleid nicht unähnlich, oft bodenlang. Zum Gehen raffte man es mit einem Gürtel hoch. War man zuhause, konnte man den Gürtel ablegen. Und wenn man erwartete, auch mitten in der Nacht noch einmal aufbrechen zu müssen, ließ man die Lampen brennen. Denn es dauerte sonst einfach zu lange, noch einmal Feuer zu machen. Der Vers meint also nichts anderes als: Seid bereit! Macht es euch nicht zu gemütlich. Es kann jederzeit losgehen. Der Vers ist aber noch in anderer Hinsicht schwierig, weil er eine Haltung beschreibt, die wir heute nicht unbedingt teilen. Erwartet wird nämlich nichts anderes, als das Gottes Herrschaft anbricht. Und das Ende dieser Welt und dieser Zeit einleitet. Der Menschensohn kommt zu einer Stunde, da ihr's nicht meint, sagt Jesus. Dafür gilt es vorbereitet zu sein. Jederzeit bereit, alles zurückzulassen. Mit dem Herzen ganz bei Gott zu sein. Vorbereitet auf das Ende. Mit dem Ende der Welt rechnen wir nicht, jedenfalls nicht so schnell. Auch wenn Klimawandel und Corona Anlass zur Sorge gibt. Aber dass es das Ende der Zeit und der Menschheit ist, erwarten die wenigsten. Und selbst mit unserem eigenen Ende rechnen wir ja nicht wirklich. Dabei gehört es doch zu den unumstößlichen Wahrheiten des Lebens, dass es ein Ende hat. Und wie beim Kommen des Menschensohns wissen wir nicht, wann. Auch in diesem Jahr sind Menschen plötzlich und unerwartet gestorben. Manche zu jung. Vielleicht überfordert es uns, an jedem Tag so zu leben, als wäre es unser letzter. Aber immer wieder einmal daran zu denken, dass das Leben begrenzt und unsere Zeit nicht unendlich ist, hilft, das Wichtige und das Unwichtig zu unterscheiden. Und unser Herz auf den auszurichten, der ist und der bleiben wird. Der auch bei uns bleiben wird, im Leben und im Sterben, in Zeit und Ewigkeit: Jesus Christus.

Ihr

Jochen Stähle, Pfr.