Liebe Leserin,
lieber Leser,
es gibt Dinge, von denen trennen wir uns nur ungern. Zu sehr sind sie uns ans Herz gewachsen. Erinnerungen hängen daran an schöne und glückliche Zeiten. Die Fotos der Kinder, ein selbstgemaltes Bild des Enkels, ein Souvenir von einer Reise, ein Erbstück, das Lieblingskleidungsstück. Wer umzieht - vielleicht sogar in eine kleinere Wohnung - stellt sich dann immer wieder die Frage: aufbewahren oder wegtun? Aber wie kann man etwas weggeben, dass einem wichtig ist? Ich bin jetzt schon ein paar Mal umgezogen in meinem Leben und kann sagen: es geht. Zwar mag da für einen Moment Trauer und Schmerz sein, aber sie vergehen. Und plötzlich ist auch wieder Platz für etwas anderes, etwas Neues. Etwas, was mir auch ans Herz wächst. Vielleicht liegt hier das Geheimnis des Trennens: zwar verlieren wir etwas, aber dafür geben wir dem Neuen eine Chance, den freigewordenen Platz einzunehmen. Und warum soll das nur für Gegenstände gelten? Manchmal muss etwas zu Ende gehen, damit etwas Neues beginnen kann. Nicht immer fällt uns das leicht. Und nicht immer ist es gewollt. Gerade im Lockdown werden viele alte Gewohnheiten auf die Probe gestellt. Von manchen werden wir uns trennen. Neues wird werden. "Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und erstirbt, bleibt es allein, wenn es aber erstirbt, bringt es viel Frucht", sagt Jesus im Johannesevangelium, im Wochenspruch für die kommende Woche. Er wird sogar sein Leben aufgeben. Und durch seine Auferstehung etwas völlig Neues schaffen: den Sieg über den Tod und die Verheißung des ewigen Lebens.
Das Weizenkorn stirbt, damit es Frucht bringt. Altes vergeht, damit sich das Neue Bahn brechen kann. Das sollte uns Mut machen, so manches loszulassen. Und zuversichtlich das Neue zu erwarten.
Ihr
Jochen Stähle, Pfr.