Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.  Galater 6,2 

Fulbert Steffensky, Theologe und Religionspädagoge hat einmal gesagt: Es gibt zwei Lebensschönheiten, die eine: ich selber sein zu dürfen; die andere: nicht nur ich selber sein zu müssen, sondern von der Kraft, dem Trost und dem Reichtum der anderen zu leben. Auch wenn es wahr ist, was Steffensky so schön ausgedrückt hat, haben nicht alle Menschen diese Erkenntnis und vor allem dieselbe Kraftmenge. Im Falle von Erkrankungen fällt sie ja manchmal ganz aus. Darum kann auch nicht jeder Mensch die gleiche Belastung tragen und ertragen. Sich trösten lassen zu müssen kann harter Alltag sein - ohne Chance auf Änderung. Und auch der Stärkste kann in Überlastung hineingeraten. Immer mehr, immer schneller, immer länger arbeiten müssen. Alles wird immer teurer und so vieles muss bezahlt werden, damit das Alltagsleben geschehen kann. Ein überlasteter Mensch fühlt sich nicht nur unwohl, sondern er kann die Lebensfreude verlieren, und darüber gar alle Lebensschönheit verleugnen und verzweifeln. Wer die Augen und Ohren offenhält, wer mit dem Herzen sieht, entdeckt die Merkmale und Zeichen der Überlastung. In vielen Fällen melden Menschen sie an. Aber oft genug bleibt es unbeachtet oder wird übersehen. Christinnen und Christen sind nicht nur zum Hinsehen und Hinhören aufgefordert, sondern sind zum Mittragen von Lasten anderer herausgefordert. Eigentlich ist jeder Mensch zum Mittragen von Lasten aufgefordert. Aber wer das Gesetz Christi erfüllen will, wer also ihm nachfolgen, in seine Fußstapfen treten will, dem wird der andere, der Belastete, der Überlastete, selbstverständlich wichtig sein. Wobei es nicht nur, um hinsehen, zusehen, zur Kenntnis nehmen geht, sondern etwas Aktives meint. Tragen, das heißt mit den eigenen Händen tragen, also nicht nur von ferne Mitleid haben. Sehen, hingehen und tun. Jesus Christus ist hier Vorbild. Er hat sein Leben gegeben, damit andere Leben konnten. Er hat das göttliche Gesetz der Liebe gelebt. 

Wie kann das gehen, wie kann man das lernen, oder sich aneignen. Vielleicht durch das Aneignen und Leben des Gebetes, das Franz von Assissi zugeschrieben wird:

O, Herr, 

Mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens, 

dass ich Liebe übe, wo man sich hasst, 

dass ich verzeihe, wo man sich beleidigt, 

dass ich verbinde, da, wo Streit ist, 

dass ich die Wahrheit sage, wo der Irrtum herrscht,  

dass ich den Glauben bringe, wo der Zweifel drückt,  

dass ich die Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält, 

dass ich ein Licht anzünde, wo die Finsternis regiert, 

dass ich Freude mache, wo der Kummer wohnt. 

 

Herr, lass mich trachten: 

Nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste; 

nicht, dass ich verstanden werde, sondern dass ich verstehe; 

nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe. 

 

Denn wer da hingibt, der empfängt; 

wer sich selbst vergisst, der findet; 

wer verzeiht, dem wird verziehen; 

und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben. 

 

Ihre Elke Seiter, Diakonin